Pathological Demand Avoidance ( PDA)

auf deutsch: Pathologisches Vermeiden von Anforderungen

PDA ist eine Ausprägung der Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Zu den Merkmalen, die dieser Besonderheit zugeschrieben werden, gehört eine massive Weigerung, das zu tun, was von der Person verlangt wird, sogar Aktivitäten, die die Person normalerweise gerne ausübt. Weiter sind diese Menschen pathologisch bemüht, immer ihre Autonomie zu bewahren und andere nicht über sich bestimmen zu lassen. Diese Kinder sind in der Lage, ihr wahres ICH durch Maskierung umfänglich zu verschleiern und zeigen sich in ihrem Sein oft nur den engsten Vertrauten. PDA wird bisher weder vom DSM 5 noch vom ICD 10 anerkannt.

„Kennen Sie Kinder, die jedes System sprengen, ein irritierendes Verhalten an den Tag legen und durch alle diagnostischen Maschen fallen? Kennen Sie Kinder mit einem „Zirkus im Kopf“, die ihre Familien mit der hartnäckigen Verweigerung von alltäglichen Aufgaben und stundenlangen „Trotzanfällen“ an den Rand ihrer Kräfte und hin zum Gefühl des Wahnsinns treiben? Sind Ihnen verzweifelte, spürbar auf das Kindeswohl bedachte Eltern begegnet, die ihr Kind oft schon seit der Säuglingszeit als irgendwie anders wahrnehmen, jedoch nie eine erklärende Diagnose für sein Verhalten erhielten? Haben sie später miterlebt, wie diese Eltern innerlich erstarren ob dem zeitweise so herrischen Verhalten ihres Kindes und seiner massiven „Wutanfälle“? Haben diese Kinder Ausbrüche erlitten, welche in zerschlagenen Fensterscheiben, zerstörten Möbeln oder gefährlichen Selbstverletzungen enden, ja sogar manchmal das Aufgebot der Polizei erfordern und einen Sorgerechtsentzug nach sich zogen? Haben sie schon von Kindern gehört, die in einem Moment der Selbstreflexion äußern, dass ihr Kopf es nicht zulässt, sich erziehen zu lassen – die selbst schockiert sind über das Verhalten, zu welchem ihr Kopf sie zwingt, und deshalb schon in sehr jungem Alter Suizidgedanken äußern? Falls diese Kinder des weiteren eine auf Autismus hinweisende Störung der Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung aufzeigen, dies aber durch oberflächlich soziales Verhalten verdecken, ja sich sogar in verschiedenen Settings mit ganz verschiedenen Gesichtern präsentieren, dann besteht die Wahrscheinlichkeit, dass ein PDAS die Erklärung für ihre herausfordernden Verhaltensauffälligkeiten darstellt. Ebenfalls liegt dann ein relativ hohes Risiko vor, dass diese tiefgreifende Besonderheit nicht einmal durch psychiatrische Fachleute richtig eingeordnet wird, was die Unterstützung durch spezifische PDA Strategien verhindert und die Prognose der Betroffenen deutlich verschlechtert.“ Auszug aus: „Zirkus im Kopf von Liv Cadler & Susanne Neu“

Mit dem heute verfügbaren und zugänglichen Wissen über Autismus mit PDA-Ausprägung sind Ärzte, Psychiater, Psychotherapeuten, Psychologen, Sozialpädagogen, Erzieher, Lehrer und alle weiteren Fachkräfte gezwungen, sämtliches Wissen über gängige Erziehungskonzepte und Methoden auf den Kopf zu stellen und über Bord zu werfen. Verhaltenstherapeutische Konzepte und Interventionen sind kontraindiziert.

„PDA ist die Geschichte von unzähligen Kindern mit unerkanntem PDA-Autismus. Die Geschichte von vielen zerstörten Lebenswegen, welche in Schulabbruch, Heimaufenthalt, Obdachlosigkeit, Gefängnis, Drogenabhängigkeit oder Suizid mündeten. Es ist die Geschichte von Tausenden von Tränen, von tiefer Verzweiflung, von unendlicher Einsamkeit, von zerbrochenen Familien und Generation übergreifenden Narben.“
(Nora Declaire: Zirkus im Kopf)

PDA beschreibt zwanghafte Resistenz gegenüber alltäglichen Auf- und Anforderungen, verbunden mit einer Neigung, auf „sozial-manipulatives“ Verhalten zurückzugreifen, einschließlich unverschämter oder prekärer Handlungen.

Bereits im Jahr 1980 wurde der Begriff PDA von der britischen Kinderpsychologin Elizabeth O’Nions als Ausprägungsform von ASS vorgeschlagen. Im Jahr 2011 wurde durch Elizabeth O’Nions und anderen argumentiert, dass diese Symptome anders zu bewerten sind. Erkannt wurde, dass im Gegensatz zu ASS „Kinder mit PDA sozial manipulative Vermeidungsstrategien anwenden und im Gegensatz zu ODD (oppositionelle Verhaltensstörung) „greifen sie auf extremes, peinliches oder altersunangepasstes Verhalten zurück. Kinder mit PDA haben einige Aspekte sozialer Beeinträchtigung mit ASS gemeinsam, wobei allerdings Interventionsmethoden, die bei ASS angewandt werden (z. B. Routinen, Wiederholungen), sich als nicht hilfreich gezeigt haben. Unverschämtes Handeln und mangelnde Rücksicht auf die Folgen zeigen Parallelen zu Störungen des Sozialverhaltens und „grausam gefühllosen Zügen“. Belohnungstechniken, die bei diesen Störungen effektiv sind, funktionieren bei PDA jedoch nicht.

Als Ursache für dieses Verhalten wird ein hohes Maß an Angst, meist durch Erwartungshaltungen an Kinder, die zu einem Gefühl führen können, eine Situation nicht unter Kontrolle zu haben, vermutet. Kinder mit PDA fühlen sich bedroht, wenn sie ihre Umgebung und ihre Handlungen nicht unter Kontrolle haben, was die Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsreaktion auslöst.

Nach Dr. Thomas Gisberger tritt PDA nicht nur bei ASS oder oppositionellen Störungen des Sozialverhaltens oder als separate Entität auf, sondern findet sich nicht selten auch bei Sprachentwicklungsstörungen, ADHS bzw. insbesondere ADS ohne Hyperaktivität, selektivem Mutismus (Stummheit), Schulverweigerung, Anorexia nervosa, genetischen Syndromen mit bestimmten Verhaltensphänotypen (einschließlich Mikrodeletionssyndrom 22q11 und Marfan-Syndrom) sowie Epilepsie.

Die Hauptmerkmale von PDA:

Dies ist das Hauptkriterium für eine Diagnose. Menschen mit PDA sind Experten auf dem Gebiet der Vermeidung von Anforderungen – sie scheinen einen unheimlichen Druck von alltäglichen Erwartungen zu verspüren. Es ist oft nicht die Aktivität selbst, die diesen Druck auslöst, sondern die Tatsache, dass es eine andere Person ist, die von ihnen erwartet diese auszuführen. Die Reizschwelle und Toleranz einer Person mit PDA können von Tag zu Tag oder gar von einem Moment auf den anderen variieren. Es ist wichtig zu erkennen, dass, je gestresster jemand mit PDA ist, desto weniger er mit Anforderungen zurechtkommt. Kinder mit PDA nutzen eine Bandbreite an Taktiken, um Anforderungen jeglicher Art an sie aus dem Weg zu gehen, und diese beinhalten meist auch soziale Manipulation. Diese Taktiken reichen von einfacher Verweigerung, Ablenkung, Ausreden, Verzögerungstaktiken, Diskutieren, Alternativen vorschlagen bis dahin, sich in eine Fantasiewelt zurückziehen. Manchmal widersetzen sie sich auch, indem sie behaupten physisch unfähig zu sein (oft begleitet von Erklärungen wie “meine Beine funktionieren nicht” oder “meine Hände sind aus Lava”). Typische Charakteristika sind das Vermeiden von, bzw. sich Widersetzen gegen gewöhnliche Anforderungen, oft zu 100%. Wenn man Kinder mit PDA zu etwas zwingt, kann es sein, dass sie verbal oder körperlich sehr aggressiv werden, begleitet von extremen Verhaltensausbrüchen, die am besten als “Panikattacke” beschrieben werden können. Die Situation endet dann meist in einem Meltdown („Kernschmelze“, „Ausflippen“, der totale Zusammenbruch im Benehmen).

Menschen mit PDA scheinen oft sehr gesellig und zeigen einen gewissen Grad an Empathie, von dem man zuvor dachte, dass es nicht mit Autismus übereinstimmen würde. Manchmal scheint es, dass sie in der Lage sind, andere Menschen auf einer intellektuellen Ebene zu verstehen, jedoch nicht auf einer emotionalen Ebene. Doch obwohl sie soziale Feinheiten zu nutzen scheinen, ist ihre soziale Interaktion oft fehlerhaft durch ihre Unfähigkeit, komplexe soziale Zusammenhänge zu erkennen sowie durch ihre Distanzlosigkeit und ihr Verlangen nach ständiger Kontrolle. Regeln verstehen sie meist, doch haben sie das Gefühl, dass diese nicht für sie selbst gelten. Bei Kindern führt dies häufig zu Schwierigkeiten unter Gleichaltrigen. Eine Mutter beschrieb, wie ihr Sohn keine Probleme damit hatte, sich vor anderen wie deren Mutter aufzuführen – “hast du deine Hände gewaschen?” oder “Ellenbogen vom Tisch!” – aber gleichzeitig nicht das Gefühl hatte, sich an dieselben Regeln halten zu müssen.
Im Erwachsenenalter können weiterhin Probleme im Ausbildungs- und Arbeitsalltag auftreten, doch einige Erwachsene mit PDA meistern beide Bereiche erfolgreich.

Menschen mit PDA können, durch ihr ständiges Bedürfnis, alles selbst bestimmen zu wollen, von einem Gemütszustand sehr schnell zum anderen Extrem wechseln (z.B. von zufrieden zu aggressiv). Dies kann eine Reaktion auf wahrgenommene Erwartungen anderer oder von sich selbst an sie sein. Ein Elternteil beschrieb ihren 17-jährigen Sohn mit PDA als “er malt sich immer den schlimmsten Fall der Fälle aus”, was dann häufig der Auslöser für Wut- oder Gewaltausbrüche ist.

Wenn sie jünger sind, spielen Kinder mit PDA oft Rollenspiele auf einem Level, das für Kinder mit Autismus oder Asperger sehr ungewöhnlich ist. Menschen mit PDA sind sehr gut darin, Rollen und Stile anderer anzunehmen. Das klassische Beispiel sind Kinder, die sich verhalten, als ob sie die Lehrer anderer Kinder wären. Eine Mutter beschrieb, wie ihre Tochter mit einer Klasse von 30 oder mehr imaginären Kindern fertig wurde, und wie sie sich über ‘ihre Schüler’ äußerte und mit ihnen sprach. Im Extremfall können die Kinder so vertieft in diesen Rollen spielen, dass sie sich darin verlieren, und somit Realitätsverlust erleiden.

Obwohl Menschen mit PDA im frühen Alter eine Sprachverzögerung haben können, wird diese häufig bemerkenswert schnell und unerwartet aufgeholt. Einige Elemente der Kommunikation sind eventuell nicht so gestört, wie sie es bei Autismus oder Asperger-Syndrom sein können, häufig mit besserem Augenkontakt (außer es werden Anforderungen vermieden) und besserem Timing in Unterhaltungen. Einige Sprachschwierigkeiten bleiben aber, wie z.B. Dinge wörtlich zu verstehen, und Sarkasmus und Neckereien misszuverstehen. Als extreme Form der Vermeidung entwickeln einige Kinder in vielen Situationen selektiven Mutismus, obwohl ihre Eltern wissen, dass sie sehr wohl sprechen „können“, wenn sie es wollen.

Die Art der Vermeidung, die beschrieben wurde, hat oft mit der Fixierung auf eine bestimmte Person (oder auch ein Objekt) zu tun. Diese Fixierung ist bei jedem unterschiedlich, ist aber häufig sozial ausgeprägt. Manchmal können diese Fixierungen (wenn sie sich auf bestimmte Personen beziehen) problematisch und dominierend für diejenigen werden, auf die sich diese Fixierung richtet.

Weitere in Beziehung zu PDA stehende Eigenschaften:

Sensorische Empfindlichkeiten

Genau, wie bei Autismus und dem Asperger-Syndrom, können Menschen mit PDA oft Über- oder Unterempfindlichkeiten in jedem ihrer Sinne haben: Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen oder Hören.

Schwere Verhaltensstörungen

Ein großer Anteil der Menschen mit PDA hat erhebliche Probleme damit, ihre Gefühle zu beherrschen. Im Kindesalter kann sich dies in Form von lang anhaltenden Wutanfällen und Gewaltausbrüchen zeigen, sowie weniger dramatischen Vermeidungsstrategien, wie Ablenkungsmanöver (wie Ausreden usw.). Es ist äußerst wichtig, dass diese Ausbrüche als extremer Angstzustand oder “Panikattacken” erkannt werden und als solche behandelt werden, mit Zusicherung, Beruhigungsstrategien und Deeskalationstechniken.

Kinder mit PDA können manchmal zuhause sehr ausfallend, aggressiv und zerstörerisch sein, schaffen es aber, in der Schule recht ruhig und passiv zu bleiben (extrem Masking). PDAler sind Meister im Maskieren und können das Masking über ungewöhnlich lange Zeiträume aufrecht­erhalten. In solchen Situationen können sich Eltern sehr einsam, isoliert und minderwertig fühlen, da sie das Gefühl haben, die Ursache des Problems zu sein. In Wahrheit lassen Kinder mit PDA aber ihre „Masken“ bei den Menschen am häufigsten fallen, bei denen sie sich sicher und geborgen fühlen. In anderen Fällen sind die Ausbrüche in der Schule weitaus schlimmer als zu Hause, da in der Schule die Anforderungen an die Kinder oft viel größer sind und die extreme Überlastung zu Overloads und Meltdowns führt. Dies wiederum kann schon sehr früh zu Schulausschlüssen führen, zumindest aber zu Stigmatisierungen. Für einige Kinder kann dieser Stress solch Ausmaße annehmen, dass sie zu Schulverweigerern werden.

Kinder mit PDA scheinen außerdem auf andere Strategien im schulischen Bereich positiver zu reagieren als Kinder aus dem autistischen Spektrum. So können diese Kinder zum Beispiel besser damit umgehen, wenn ihnen bei Anforderungen mehr Flexibilität gegeben wird, oder Humor und Spontanität mit eingebaut wird.

Erkenntnisse über Kinder mit PDA:

Das Kind fühlt das existenzielle Bedürfnis, die Wahl der Aktivitäten zu kontrollieren. Es hat Mühe, Instruktionen und Anweisungen zu befolgen.

Kinder mit PDA wissen oft nicht, wie man um Hilfe fragt und benutzen dann einen ganzen Katalog an Strategien und Argumenten, um eine Anforderung nicht auszuführen. Dies schließt das Verwirren von Leuten ein, das Herumkommandieren derselben, um diese tun zu lassen, was sie selbst tun sollten. Die Angst, etwas zu tun, kann so groß werden, dass sie explodieren oder einen Meltdown („Kernschmelze“, „Ausflippen“, der totale Zusammenbruch im Benehmen) produzieren und erleiden. Dies führt dann zu Geschrei und physischen Ausrastern, die aus dem Nichts zu kommen scheinen und sehr dramatisch sind.

Kinder mit einem weniger explosiven Charakter erscheinen toleranter und finden Wege, sich in die Lernumgebung einzufügen. Sie spielen dann die Rolle des angepassten Kindes, schalten aber vom aktuellen Lernen ab und bekommen nicht genug mit. Sie sind dann fleißig im „Nichts hinkriegen“.

Explosives und aggressives Benehmen auf der Grundlage aufkommender Panik führt zu gewalttätiger, obszöner und schockierender Sprache in einem solchen Ausmaß, dass Erwachsene es unmöglich ignorieren können.

Dies zeigt sich bei Anforderungen als erstes in den Äußerungen „mag ich nicht, kann ich nicht, tu ich nicht“. Sie „können nicht wollen“ bei einer spezifischen Belastung. Oft setzen sie sich unvernünftig hohe Anforderungen, bei Nichterfüllung leidet der Selbstwert enorm.

Diesen Anspruch erheben sie, ohne die Notwendigkeit zu sehen, etwas dafür zu tun. Da sie Mühe haben, die Instruktionen und Anforderungen zu befolgen, können sie keine befriedigenden Fortschritte machen. Sie erkennen auch nicht an, dass andere ihre Leistung durch Üben erreicht haben.

Diese Sabotage zeigt sich durch ihr dominantes, manipulatives oder vermittelndes und einteilendes Verhalten. Andere werden irregeführt durch das scheinbare (aber nicht wirklich vorhandene) gute soziale Verhalten und die gezeigte Empathie. Das Kind beschuldigt andere für Fehlschläge, auch dann, wenn es das Resultat des eigenen Verhaltens ist. Dies zeigt sich in langanhaltendem Groll und „auf Rache sinnen“ für früher wahrgenommene Ungerechtigkeiten.

Dies bedeutet, dass das Kind nach längeren Perioden guten Benehmens und Fortschritten plötzliche und dramatische Rückschritte macht. Gute Lernzeiten entstehen oft, wenn es den Lehrern gelingt, die Lernumgebung (Reduktion und Prioritäten setzen in den Anforderungen, modifizieren des Stundenplanes, gute Lehrer-Kind Beziehung) gut zu gestalten. Ändert sich daran etwas, fällt das Kind ins alte Muster zurück. Es ist enorm schwierig, langanhaltende Veränderungen im Kind selbst zu bewirken.

Das Kind hat starke Stimmungswechsel innerhalb von Minuten und Stunden, aber auch über Wochen und Monate. Der Toleranzlevel ist stark stimmungsabhängig und zeigt sich dann in Tagen völliger Unproduktivität und Verweigerung der Anforderungen. Oft erkennt man eine emotionale Erschöpfung beim Kind, hervorgerufen durch das ständige Wachsam sein in Bezug auf die nächsten Anforderungen. Erwachsene werden genauso erschöpft in der Betreuung solcher Kinder, weil sie immer in Alarmbereitschaft sind bezüglich des nächsten Ausbruchs.

Stimmungswechsel oder -phasen haben eine große Bandbreite und Unbeständigkeit und sind völlig unberechenbar. Eltern und Lehrer beschreiben den Umgang als „Laufen auf Eierschalen“ und als „eingehüllt sein in einem falschen Gefühl von Sicherheit“ nach einer Zeit guten Benehmens.

Dies führt zu einem Abschalten des Kindes von der Realität. Es geht in der Rolle so sehr auf, dass es sich damit gänzlich identifiziert und Probleme mit seinem Umfeld bekommt, wenn es die Allmachtgefühle der Figur übernimmt.

Andere Diagnosen und Überlappungsbereiche:

PDA wird oft neben anderen Diagnosen gestellt, wie ADHS, Legasthenie, Dyspraxie und ASS. Dies kann aufgrund von überlappenden Symptomen sein, aber auch wegen einer gewissen Unsicherheit, was die Diagnose PDA angeht. Einige werden bereits Diagnosen wie Autismus, ASD, oder atypischer Autismus haben, ehe sie die Diagnose PDA erhalten. PDA kann auch neben allgemeineren vorliegenden Lernschwierigkeiten vorkommen und manchmal kann die scheinbare Redefertigkeit von Menschen mit PDA echte Verständnisschwierigkeiten verbergen. In Großbritannien wird häufig von einer ‚Autismus-Spektrum-Störung mit PDA-Eigenschaften‘ gesprochen, wenn eine Diagnose nicht ganz klar ist.

Positive Strategien für den Alltag:

  • Zugang zu Bildung im sozialen und schulischen ermöglichen.
  • Den Stresslevel immer so gering wie möglich halten.
  • Co-Regulation durch Bezugs-Person(en) anbieten und aufrechterhalten.
  • Die Angst und Panik des Kindes als solche zu erkennen.
  • Anleitung zu „gutem“ Umgang mit der Angst und dem daraus resultierenden Verhalten geben.
  • Unterstützung für positiven Umgang mit Gleichaltrigen geben.
  • Ein effektives Team aufbauen und pflegen, welches das Kind und seine Familie unterstützt.
  • Klug wählen, was wirklich Priorität hat.
  • Anforderungen an das momentane Toleranzniveau anpassen.
  • Lernen, die sogenannten „Meltdowns“ zu managen.
  • Eine persönliche Bindung zum Kind aufbauen.
  • Vermeiden von direkten Anordnungen und Aufforderungen
  • Ruhig bleiben, die eigenen Gefühle zuerst ausgleichen.
  • Flexibel und anpassungsfähig bleiben.
  • Strukturiertes Unterrichten und visuelle Unterstützung geben.
  • Auf den Stärken und Interessen des Kindes aufbauen.
  • Theater und Rollenspiele verwenden.
  • Überwachen und anpassen der eigenen Sprache.
  • Entpersonalisieren der Anforderungen und Bitten.
  • Umgebung sicher und lernfreundlich gestalten.
  • Erkennen, „was heute funktioniert, funktioniert morgen vielleicht nicht.“
  • Anforderungen reduzieren.
  • Reizarme Umgebung schaffen.
  • Verschleiern der Anforderungen.
  • Wahl geben, statt fordern.
  • Unerwünschtes Benehmen ignorieren.
  • Flexibel und anpassungsfähig bleiben.
  • Ruhig und neutral bleiben.
  • Erkennen, „was heute funktioniert, funktioniert morgen vielleicht nicht.“
  • Erziehungsverhalten flexibel an die Möglichkeiten anpassen.
  • Möglichst viel Autonomie für das Kind schaffen.

Resümee:

Etablierte Erziehungskonzepte, Methoden und Interventionen können je nach Situation und Stresslevel positiv auf Kinder mit PDA wirken. Erziehungsmethoden, die in einem Augenblick erfolgreich sind, können im nächsten Augenblick aber bereits zu einem Overload und dann zu einem Meltdown führen. Die Idee von Erziehungsgrundsätzen, festen Regeln und Vorgehensweisen, immer gleichen Abläufen und Strukturen wirkt manchmal hilfreich, kann aber auch im nächsten Augenblick genau das Gegenteil bewirken. Erziehende müssen ihre Erziehung, ihre Regeln und Strukturen jederzeit in Frage stellen, verändern oder beiseiteschieben. Dies erfordert eine ungeheuer flexible, nicht gesellschaftskonforme Umgangsweise und Erziehung mit dem betroffenen Kind und wird von Fachkräften, die es nicht besser wissen (siehe farbiger Text weiter oben) meist als mangelnde Erziehungskompetenz gewertet.

PDAler „sind Kinder mit einem sehr sensiblen Nervensystem, welches gleich oder zumindest sehr ähnlich reagiert wie bei Kindern, welche Traumata erleben. Ihr Nervensystem kann nur Beruhigung und Heilung erfahren, wenn man mit ihnen maximales Verständnis und jahrelange Co-Regulation gewährt. Die Eltern müssen dahingehend gecoacht und unterstützt werden, ihre Kinder in einer reiz- und anforderungsarmen Umgebung liebevoll und bedürfnisorientiert mit dem Einräumen von möglichst viel Autonomie zu erziehen, keinen Druck auf sie auszuüben und ihnen Methoden der Selbstannahme und Selbstregulation beizubringen. Sie müssen von Schuldgefühlen entlastet und in ihren Ressourcen gestärkt werden…  Dies, indem wir Schuldzuweisungen, Abwertung und auf Strafe basierende Erziehungsmaßnahmen endlich über Bord werfen und ihr überreiztes Nervensystem im Gegenteil mit tiefer Annahme, liebevoller begleitender Co-Regulation, großzügiges Gewähren von Auswahl und Autonomie, auf Beziehung basierenden Grenzsetzungen und schließlich einer konsequenten Senkung von den an sie gestellten Anforderungen heilen lassen.“ (Nora Declaire: Zirkus im Kopf)

Quellenangaben und Literaturhinweise:

„Zirkus im Kopf“ von Liv Cadler & Saskia Susanne Neu

Dr. med. Thomas Girsberger

Dr. med. Spitczok von Brisinski, I. et al: Pathologisches Vermeiden von Anforderungen

http://weltausbausteinen.de: Die Hauptmerkmale von PDA

https://www.vshg-asperger-eltern.ch: PDA – Pathalogical Demand Avoidance Syndrom

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