Systemische Autismus-Therapie

Systemische Autismustherapie / Pädagogik im Rahmen der Jugendhilfe nach §27, §30, §35a SGB VIII Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

Meine Sicht auf den Menschen mit der Diagnose ASS

Für meinen therapeutischen Ansatz ist es wichtig zu verstehen, dass ein Kind mit ASS, also Frühkindlichem Autismus, Asperger-Syndrom oder Atypischem Autismus nicht seine Diagnose ist, sondern ein Mensch, den es gilt in all seinen Facetten und Besonderheiten wahrzunehmen und zu betrachten. Ich respektiere „den Autismus“ als einen Ausdruck des menschlichen Seins und dogmatisiere diesen nicht. Diese besonderen Kinder sind nicht „ihr Autismus“, sondern bedeutende Menschen, die Wertschätzung und Respekt verdient haben. Auch bezogen auf ihre besondere Art, ihre Fähigkeiten und Interessen. Sie haben ein Anrecht auf ihren Lebensstil und auch auf Selbstbestimmung in angemessenem Rahmen, ihrem Alter entsprechend.

Ursache für ASS

Autistische Personen unterscheiden sich von nicht autistischen Menschen durch neurologische Besonderheiten, die eine starke genetische Grundlage haben. Diese ist jedoch nicht Ursache von Autismus. Vielmehr muss von einem Zusammenwirken biologisch- genetischer Faktoren, epigenetischer, vorgeburtlicher, sozialer und umweltbezogener Einflüsse ausgegangen werden. Diese biologisch- genetischen, epigenetischen und vorgeburtlichen Faktoren befördern hierbei eine hohe Vulnerabilität (Verwundbarkeit, Verletzlichkeit, Überempfindlichkeit). Die aktuellen neurowissenschaftlichen Erkenntnisse und Theorien belegen die Annahme einer übersteigerten neuronalen Empfindlichkeit und Reaktion auf sensorische Reize oder Emotionen. Dieser hohen Vulnerabilität sind autistische Menschen bereits ab den frühesten Lebensjahren ausgesetzt.

Mühe mit Emotionen

Menschen aus dem Autismus Spektrum sind meist einseitig auf das Denken und speziell das logische, formale Denken ausgerichtet. Sie haben grundsätzlich Mühe mit ihren Emotionen, wie auch mit den Emotionen anderer. Wenn man von sehr kleinen Kindern ausgeht, dann kann man feststellen, dass diese noch keine differenzierten Emotionen empfinden und ausdrücken können, sondern eher basale Zustände wie „Wohlsein“ und „Unwohlsein“. Stark von Autismus betroffene Menschen bleiben sozusagen auf dieser Entwicklungsstufe stehen. Im Fall von „Unwohlsein“ beziehungsweise bei negativen Emotionen können sie oft nicht unterscheiden, ob sie nun Wut, Enttäuschung, Trauer oder eine andere negative Emotion empfinden. Entsprechend können sie diese Emotionen auch nicht differenziert ausdrücken oder mitteilen. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen hier aber ganz deutlich, betroffene Menschen können durch professionelle Unterstützung in all diesen Gebieten lernen und tatsächlich normal am alltäglichen, emotionalen Leben teilhaben!

Autismus ist keine Krankheit

„Autismus ist keine Krankheit oder Behinderung, sondern eine Besonderheit bzw. ein Anderssein.“ (Dr. med. Thomas Girsberg) So oder ähnlich ist eine Betrachtungsweise, die sich z.Z. in Fachkreisen immer mehr etabliert. Allerdings führt u.a. der gesellschaftliche Anpassungsdruck unweigerlich zu einem hohen Stresspegel bei den Betroffenen und ihren Eltern. Dieser Stress führt allzu oft zu schwierigen Verhaltensweisen und langfristig auch zu Zuständen mit Krankheitswert. Autistische Störungen ergeben sich also sinngemäß aus den Folgezuständen bei Betroffenen, insbesondere durch zu langes nicht Erkennen, oder fehlende/falsche Diagnostik.

Wertschätzung und Respekt für die Besonderheit Autismus

Die meisten „autistischen“ Verhaltensweisen sind auch keine Defizite, als die sie leider meist abgewertet werden, sondern Strategien, die die Person nutzt, um sich besser regulieren zu können. So sind die Bewältigungsmöglichkeiten, auch diejenigen die erst einmal auffällig und unangemessen erscheinen, in der Regel doch funktional und subjektiv bedeutsam, um in Situationen zu bestehen. Aus diesem Grund ist auch das Bemühen „autistische“ Verhaltensweisen durch Therapie oder Pädagogik zu verändern oder abzutrainieren, ohne ihren Zweck vollkommen zu verstehen, zunächst einmal unangemessen und arrogant.

Zudem mangelt es der gängigen Praxis oft an Respekt den betroffenen Personen gegenüber. Diese Verhaltensauffälligkeiten haben für die betreffende Person einen Sinn und sind ihre speziellen Problemlösungsversuche, die es gilt, zu erkennen, zu reflektieren und nutzbar zu machen. Die hier also nötige Verhaltensanalyse betrachtet das Problemverhalten von außen und kombiniert das analysierte Verhalten mit den inneren Prozessen. Also mit den personenspezifischen Hintergründen, oder Aspekten der Person. Wie zum Beispiel: Hunger, Durst, biologische Bedingungen, organische oder genetische Vulnerabilität, Wahrnehmungsbesonderheiten, motorische Beeinträchtigungen und natürlich das soziale Gesamtsystem.

Funktionale und verstehende „Problembetrachtung“

Von hier aus wird die Zweckmäßigkeit des Verhaltes begründet. Sie führt zur Frage nach der Funktion des Verhaltes, die mit den auslösenden Bedingungen und Konsequenzen in Beziehung gesetzt wird. Dafür steht der Begriff der funktionalen Problembetrachtung. Mit der Frage nach der Funktion des Verhaltens gelingt es, zu einer verstehenden und wertschätzenden Sicht des Verhaltens und der Person zu kommen.

Autismus ist also keine Krankheit, die behandelt werden müsste. Es ist vielmehr eine Besonderheit, die von ihren Systemen und Subsystemen zuerst einmal eine besondere Aufmerksamkeit und ein besonderes Verständnis erfordert. Natürlich sind auch spezielle therapeutische und pädagogische Anpassung und Interventionen erforderlich, die auf die besonderen Bedürfnisse des Betroffenen ausgerichtet sind. Dies allerdings immer gepaart mit der Bedeutung und Funktionalität der Verhaltensweisen und dem Respekt der betroffenen Person gegenüber. Hier ist auch immer das Streben nach Selbstverwirklichung und Autonomie als ein originäres menschliches Bedürfnis, auch bei Menschen mit der Diagnose Autismus zu berücksichtigen. Da dieses Bedürfnis sehr häufig nichtbeachtet oder negiert wird, führt diese Streben allzu oft zu Verhaltensweisen, die von außen als unangemessen bewertet werden.

Reizfilterschwäche und Überlastung bei ASS

Um zu verstehen, wie das Gehirn bei Menschen mit der Diagnose Autismus funktioniert hier ein paar Fakten. Man geht aktuell davon aus, dass rund 70.000 Sinnesreize pro Sekunde in einem menschlichen Gehirn ankommen. Durch den sogenannten Reizfilter ist es einem nicht betroffenen Menschen möglich den größten Teil dieser Reize herauszufiltern und zirka 60 – 70 Sinnesreize pro Sekunde bewusst zu verarbeiten. Von diesen 70.000 Reizen kommt also nur jeder tausendste Reiz wirklich im Bewusstsein bei Nichtbetroffenen an. Dies reicht vollkommen aus, damit Menschen in ihrer Umwelt zurechtkommen und korrekt handlungsfähig bleiben und reagieren können. Mehr Reize würden das menschliche Gehirn überlasten. Bei Menschen mit der Diagnose Autismus versagt dieser Reizfilter oder funktioniert zumindest deutlich anders. Er lässt wesentlich mehr Reize ins Bewusstsein durch, wie viele Reize das genau sind ist vom jeweiligen Individuum und der Situation abhängig. Dieses „ungebremste Durchlassen“ von Reizen wird oft als Reizfilterschwäche beschrieben. Durch diese Reizfilterschwäche oder auch Reizoffenheit muss der autistische Mensch, quasi ohne Hilfe, in jedem Augenblick neu entscheiden, welche Reize gerade wichtig sind und welche nötig sind, um die aktuelle Situation zu bewältigen. Hieraus entsteht eine permanente Überlastung, die wir allgemein als Stress bezeichnen. Übrigens ist eine Reizfilterschwäche nicht reduzierbar oder trainierbar. In außergewöhnlichen oder nicht vorhersehbaren Situationen, auf die der Betroffene nicht vorbereitet ist, entsteht dann also schnell, dass was wir aus der Praxis als sogenannten Overload kennen. Eine Spirale aus Überlastung, Stress und einer immer langsamer werdenden Reizverarbeitung beginnt. Nach dem Overload, also einer Situation mit unvorstellbarer Überlastung kommt es zum sogenannten Meltdown (Kernschmelze). Diese Situation kann man sich ähnlich einer Panikattacke vorstellen, die kaum noch kontrolliertes Handeln zulässt. Diesen Meltdown ist ein völliger Zusammenbruch oder als ein „Ausrasten“ vorstellbar, der allerdings nichts mit einem Wutausbruch zu tun hat, sondern Ausdruck einer völligen Verzweiflung ist. Die Auswirkung ist natürlich individuell unterschiedlich und hängt davon ab, welche Optionen das Gehirn hat mit dieser Überlastung umzugehen. Evolutionsbiologisch hat das Gehirn fast nur die Möglichkeit auf älteste Muster zurückzugreifen. Diese Muster sind: Kampf, Flucht oder einfrieren beziehungsweise aufgeben. Bei zu viel Stress geht das Gehirn, auch das von Nichtbetroffenen, also in dieses Notprogramm und wählt eine der genannten Optionen aus. Wie man sich nun vorstellen kann, reagiert das Gehirn von Betroffenen, durch die Reizfilterschwäche, sehr schnell mit diesem Notfallprogramm. Was daraus folgt ist unterschiedlich, wird aber wenn es nach außen gerichtet ist, meist als unangemessen oder herausfordernd wahrgenommen. Wenn es nach innen gerichtet ist, meist gar nicht erst erkannt.

Aus dem hier Geschriebenen, wird hoffentlich ersichtlich, dass ein Mensch mit der Besonderheit Autismus, neben der sensorischen Überlastung, allein durch die ungeheuerliche Reizüberlastung fast immer ein Vielfaches an Anpassungsleistungen absolvieren muss, als nicht betroffene Menschen. Dies nicht nur in einer einzelnen Situation, sondern hundertfach jeden Tag…

Stressreduktion bei ASS

Um eine Überlastung des Gehirns und im Extremfall einen Overload zu verhindern, versuche ich in meiner Arbeit den Stresspegel der betroffenen Person grundsätzlich niedrig zu halten und an Stressreduzierung und Stressbewältigung, auch mit dem Umfeld, zu arbeiten.

Stressfaktoren:

Im Spektrum Bereich unterscheide ich drei Bereiche von Stressfaktoren:

Stressbereich 1

Der Stressbereich 1 ist der Grundstress, der aus der jeweiligen Diagnose der Autistischen Spektrums Störung resultiert.

Stressbereich 2

Der Stressbereich 2 ist der Basisstress, der aus dem jeweiligen Lebensumfeld, also Haushalt, Schule usw. resultiert.

Stressbereich 3

Der Stressbereich 3 ist der situative Stress, der in der aktuellen Situation der Auslöser für das Verhalten ist.

In der Arbeit mit Menschen, mit der Diagnose Autistische Spektrums Störung, gilt es alle drei Stressfaktoren zu berücksichtigen. Der jeweilige Grundstress ist uns aus der Diagnose bekannt. Der situative Stress entsteht in einer entsprechend überlasteten Situation und kann nicht wirklich vorweggenommen werden. In meiner Arbeit gehe ich besonders auf den Basis Stress ein, dem die betroffene Person ausgesetzt ist und der aus ihrem Lebensumfeld resultiert. In dieser Arbeit strebe ich an, den Basisstress so weit wie es möglich ist, zu minimieren und herunterzufahren. Der Grund hierfür ist, je weniger Basisstress eine Person ausgesetzt ist, um so mehr Stress kann diese im situativen Stress, also in nicht vorhersehbaren Situationen ertragen und verarbeiten.

Nach meiner Beobachtung entsteht, wie bei vielen Kindern und Jugendliche, ein großer Stressteil aus der Medien- Nutzung aber auch dadurch, dass Lehrer in der Schule, aber auch Eltern Zuhause, noch nicht den richtigen Umgang mit Betroffenen gefunden haben.

Stärkenperspektive und Neurowissenschaft

Neurowissenschaftliche Erkenntnisse, so wie die Psychotherapieforschung, kommen zu dem Schluss, dass die Stärkenperspektive also Ressourcenorientierung den Hintergrund eines unterstützenden Therapiekonzeptes für Menschen mit der Diagnose Autismus bilden sollen. Die Stärkenperspektive sagt, dass alle Menschen eine Vielzahl von Talenten, Fähigkeiten, Kapazitäten, Fertigkeiten haben. Die Präsenz dieser Kapazitäten führt zu einem höheren Wohlbefinden und zu einer Weiterentwicklung. Individuelle Stärken oder Ressourcen pädagogisch aufgegriffen und unterstützt, führen in der Regel zu einem positiven Selbstwertgefühl und Selbstbild. Weiter zeigen wissenschaftliche Befunde, dass ein „emotionalen Halt gebendes“, unterstützendes und eine Autonomie formendes Lebensmilieu, sowie positive Erfahrung zu einer gesunden Entwicklung und Integration in die Gesellschaft führen.

„Menschen wachsen nicht durch Konzentration auf ihre Probleme. Im Gegenteil, dadurch wird das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, sich auf selbst reflektierende Weise zu entwickeln, geschwächt.“ (Weick)

Mein ASS Ansatz

So vielfältig das Autismus-Spektrum ist, so vielfältig und maßgeschneidert muss auch die therapeutisch / pädagogische Arbeit sein. In meinem Autismus therapeutischen Ansatz, mit einer ausdrücklichen Systemorientierung steht die Arbeit mit den Eltern, aber auch den Lehrern und dem Gesamtsystem im Zentrum meiner Bemühungen. Man könnte auch sagen, dass die wichtigsten Therapeuten/Pädagogen für die Kinder ihre Eltern, im zweiten Rang auch ihre Lehrer sind. Je besser also die Eltern von Betroffenen informiert, geschult und sensibilisiert sind, um so besser kann die Entwicklung für ihre Kinder verlaufen. Das gleiche gilt auch für die Schule und das Umfeld.

Meine Haltung zu Menschen mit ASS

Kenntnisse über Autismus, so wie das fachliche Wissen über eine adäquate Unterstützung oder Förderung ersetzen allerdings noch nicht eine positive und wertschätzende Haltung und den korrekten und stärkenden Umgang mit einem autistischen Kind oder Jugendlichen. Ebenso wichtig wie das Wissen über Autismus sind die Kenntnisse über das entsprechende Kind und seine Besonderheiten und vor allem eine positive und freundliche Akzeptanz dieser einzigartigen Persönlichkeit.

Hierzu gehört ein umfängliches Bild über seine Wahrnehmungsbesonderheiten und Fähigkeiten, sowie über seine Interessen und Bedürfnisse und mit welchen motorischen, sozialen, aber auch emotionalen Besonderheiten bei diesem speziellen Menschen umgegangen werden muss.

Systemische Autismustherapie / Pädagogik im Rahmen der Jugendhilfe nach §27, §30, §35a SGB VIII Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

Grundsatz: Kinder, die sich angemessen verhalten können, tun dies auch!

Voraussetzung für meine Tätigkeit:

  • Abgeschlossene oder zumindest laufende, qualifizierte Diagnostik für das „betroffene“ Kind.
  • Anerkennung nach35a SGB VIII.
  • Kostenzusage des beauftragenden Jugendamtes.

Vorgehensweise:

  • Autismusspezifische Betrachtung und Auswertung einer vorliegenden, fachlich qualifizierten Diagnostik.
  • Wertschätzende Gesamtbetrachtung des Klienten und des Gesamtsytems.
  • Analyse des Gesamtsystems der von ASS „betroffenen“ Person, sowie der angrenzenden Subsysteme.
  • Analyse der autismusspezifischen Besonderheiten.
  • Funktionale, wertschätzende „Problembetrachtung“ und Auswertung.
  • Verhaltensanalyse auf der Basis der Gesamtbetrachtung und Auswertung.
  • Differenzierte Therapieplanung.
  • Autismustherapeutische Settings im Einzel- und oder Gruppenkontakt.
  • Erarbeitung einer Autismusspezifischen, individuellen Erziehungshaltung und Kompetenz.
  • Autismusspezifische, lebenspraktische und lösungsorientierte Beratung.
  • Vermittlung von Handlungsmöglichkeiten und Strategien.
  • Krisenintervention bei Bedarf.

Modulsystem: Die Module können einzeln oder in Kombination gebucht werden.

Angebote:

  • ASS spezifisches Clearing inc. Hospitationen.
  • ASS spezifische systemische Familientherapie.
  • ASS spezifisches systemisches Lehrercoaching inkl. Hospitationen

in der Schule mit Aufklärungs- und Beratungsgesprächen.

  • ASS spezifisches systemisches Erziehercoaching inkl. Hospitationen

im Kindergarten mit Aufklärungs- und Beratungsgesprächen.

  • ASS spezifisches systemisches Team Coaching inkl. Hospitationen

in Einrichtungen der Jugendhilfe mit Aufklärungs- und Beratungsgesprächen.

  • ASS Gruppe für 2 bis max. 4 Kinder und Jugendliche. Wöchentlich eine Sitzung unter der Leitung von zwei Fachkräften.
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