Viele junge Menschen in unserer Gesellschaft werden häufig mit eskalierenden Gewaltsituationen konfrontiert, die oft schwer traumatisierend sind und nachhaltige Auswirkungen auf ihr Leben haben. Sie erfahren Gewalt in der Familie, in der Schule oder im Freizeitbereich. Ein Teil dieser Kinder und Jugendlichen reagiert verunsichert oder verängstigt. Sie versinken dann in einer „Erstarrung“ und fühlen sich hilflos, ausgeliefert und handlungsunfähig. Andere reagieren eher instinktiv und impulsiv und werden sich der Tragweite ihres eigenen Handelns nicht oder erst im Nachhinein bewusst.

Ende der 1980er Jahre entwickelte Armin Bringmann gemeinsam mit den Mitarbeitern der Jugendgerichtshilfe Düsseldorf die ersten „Anti-Aggressions-Trainings für mehrfach vorbestrafte Gewalttäter“, so der damals sperrige Titel. Es ging also um  gewaltbereite Jugendliche. Schon in den Anfängen des Antiagressionstrainings entstand die BoxerSchmiede© und wurde über vier Jahrzehnte von mir stetig weiterentwickelt. Hiermit ist ein therapeutisch/pädagogisches Medium entstanden, welches in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Gewalterfahrung zielgerichtet und individuell eingesetzt wird. In der gemeinsamen Arbeit ist schon lange deutlich geworden, dass viele Kinder- und Jugendliche mit einer rein gesprächsorientierten Therapie nicht zu erreichen sind. Viele haben einen starken Bewegungsdrang und sind darüber hinaus meist gut über das Medium Sport zu erreichen. Da im Rahmen des Trainings auch zu Aggressionswahrnehmung und Aggressionsbewältigung, sowie Impulskontrolle gearbeitet wird, habe ich mich bereits vor vielen Jahren dazu entschlossen dieses spezielle Training mit dem „griffigen“ Titel BoxerSchmiede©  in unser Angebot aufzunehmen. Die meisten betroffenen Kinder und Jugendlichen benötigen ein geeignetes Medium, um überhaupt therapeutisch arbeiten, bzw. erreicht werden zu können. Hier in der BoxerSchmiede© kommen Jungs (die Arbeit mit Mädchen ist selbstverständlich auch möglich) mit ähnlicher Diagnostik und ähnlichen Lebensumständen in Kleingruppen zusammen, um gemeinsam unter fachlicher Anleitung therapeutisch/pädagogisch über das Medium Boxen zu arbeiten. Hier lernen sie unter anderem, ihre sozialen Kompetenzen zu erweitern. Die BoxerSchmiede©, die gleichzeitig als soziale Gruppe fungiert, hat auch zum Ziel, aggressiven, übergriffigen oder distanzlosen jungen Menschen zielgerichtete Unterstützung durch klare Orientierung, konsequente Intervention und eindeutige Verhaltensmaßstäbe zu geben. Diese Arbeit erweitert ihr Handlungsspektrum. Sie lernen Grenzen zu setzen und die des anderen einzuhalten. Angemessener Umgang mit Konfrontationssituationen wird trainiert.

Wann und wie handele ich richtig? Wo fängt Aggression und Übergriffigkeit an? Welche Lösungsansätze können wo angewandt werden? Dies funktioniert auch durch die soziale Gruppe, die Rückmeldung und Regulation der anderen Beteiligten. Hier gibt es einen geschützten Raum, in dem Kinder und Jugendliche Erfahrungen sammeln können, um diese dann in ihren Alltag zu integrieren.

Das Training findet einmal pro Woche für ca. 2 Std. mit jeweils zwei bis max. vier Kindern/Jugendlichen in verschiedenen Alters- und „Leistungsgruppen“ statt. Das Training wird von drei bis vier Therapeuten/Pädagogen mit entsprechenden Qualifikationen, nicht nur im Kampfsportbereich, sondern auch in den Bereichen Autismus, ADHS, PDA, FASD usw. angeleitet. Aufbauend darauf finden regelmäßig systemtherapeutische Gespräche mit den Teilnehmenden und ihren Familien, aber auch das Coaching der Lehrer/Betreuer in den Schulen oder anderen Einrichtungen statt. Hier wird die vorangegangene „körperzentrierte“ Arbeit begleitet und aufgearbeitet. Hintergrund ist, dass eine langfristige Verhaltensveränderung nur durch ein intensives und kontinuierliches systemisches Aufarbeiten der im Training gemachten Erfahrungen etabliert wird. Das Training wird ganz individuell auf die Bedürfnisse und Problemlagen der einzelnen Kinder und Jugendlichen abgestimmt. Armin Bringmann fungiert als therapeutisch/pädagogischer Leiter, BleibCool-Trainer und Antigewalttrainer, mit der Spezialisierung auf ADHS und Autismus. Weiter wirken ein Trainer für Deeskalations- und Sicherungstechniken (DST) der Justizvollzugsschule NRW, ein Polizeibeamter des SEK und ein ehemaliger Profiboxer, in speziell dafür eingerichteten Räumen meiner Praxis für Systemische Psychotherapie in Neuss mit. Unser „Chef-Trainer“ ist ein ausgezeichneter Pädagoge mit sehr viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen in die Besonderheiten der Kinder und Jugendlichen und hat darüber hinaus die entsprechenden sportorientierten Ausbildungen des Landessportbund NRW e.V..

Im Training selbst wird oft schnell deutlich, dass diese handlungsorientierte „Begegnung“ unseren jungen „Klienten“ sehr entgegenkommt. Hier sind sie meist engagiert und motiviert dabei und wirken deutlich offener und auch mitteilsamer als in Gesprächsterminen. In den unreflektierten Phasen des Trainings können sie stärker aus sich heraus gehen und sich ein Stück weit mehr öffnen. Dann sind sie auch offener für Kritik oder Anregungen von den anderen Teilnehmern oder den Trainern. Hier findet die therapeutisch/pädagogische Arbeit quasi unsichtbar und wie „nebenbei“ statt.

Selbstverständlich werden im Rahmen der BoxerSchmiede© auch Schutztechniken zur Gefahrenabwehr vermittelt und trainiert, die bewusst und gezielt eingesetzt werden können. Hintergrund hierbei ist das Prinzip des sogenannten „Angstbeißers“. Junge gewaltbereite oder überforderte und verängstigte Menschen schlagen oft zuerst zu, um nicht selbst das Opfer von Gewalt zu werden. Dieses Verhalten resultiert aus innerer Unsicherheit, die wiederum auf mangelndem Selbstbewusstsein basiert. Als „erfahrener Kampfsportler“ erlangt man die nötige Gelassenheit, nicht als Erster zuschlagen zu müssen. Die Kinder und Jugendlichen erhalten eine selbstbewusstere Ausstrahlung und können Gewaltsituationen dementsprechend entgegentreten, ohne über das Ziel hinaus zu schießen. Darüber hinaus gelingt es ihnen, in Problemsituationen einen kühlen Kopf zu bewahren und überlegter und kontrollierter zu handeln, weil sie die Angst nicht übermannt.

So fußt das Konzept der BoxerSchmiede© auf 3 Säulen:

  1. Kontinuierliche Auseinandersetzung mit sich selbst und der Kleingruppe mit hoch kompetenter Begleitung und Trainingsinhalten aus folgenden Bereichen:

Inhalt und Methoden:

  • BleibCool-Training
  • Anti-Gewalttraining
  • Soziales Kompetenztraining
  • Deeskalationstraining
  • Vermittlung von Selbstschutztechniken
  • Box-Training mit Profiboxer
  • Selbstverteidigungstraining mit Kampfsportausbilder
  • Realitätstraining mit Polizeibeamten
  • Fitnesstraining an Profigeräten
  • Kurze Reflexionsphasen in der Kleingruppe
  1. Kontinuierliche Auseinandersetzung und Aufarbeitung der eigenen Gewalterfahrung und der eigenen Gewalttätigkeit gegen sich und andere in therapeutisch/pädagogischen Einzelkontakten mit Armin Bringmann.

Inhalt und Methoden:

  • Klärung und Standpunktsuche zum Thema Konflikt und Gewalt
  • Umgang mit Aggression, Wut und Grenzüberschreitung
  • Erhöhung der Reiz- und Frustrationstoleranz
  • Defensive Selbstverteidigungstechniken
  • Praxisnahe Konfrontationsübungen mit anderen jungen Menschen
  • Körpersprache und Ressourcenentwicklung
  • Wahrnehmungssensibilisierung
  1. Systemische Arbeit in der Familie

AutismusBoxing©

Bereits vor einigen Jahren habe ich in der Arbeit mit Kindern- und Jugendlichen mit den Diagnosen Autismus, PDA-Autismus, ADHS, FASD usw. festgestellt, dass diese besonderen Menschen sehr gut auf das oben beschriebene Training in der BoxerSchmiede© ansprechen. Seit ca. 10 Jahren biete ich das von mir so genannte AutismusBoxing© für diese Klienten an. Der Erfolg, auch durch die soziale Gruppe von „Betroffenen“, zeigt ein erstaunliches Einlassen, Mitwirken und letztlich eine persönliche Weiterentwicklung der Beteiligten. Wie nebenher erlangen die Kinder und Jugendlichen mehr Autonomie, Selbstwert und Teilhabe am Leben. Auch hier werden von mir verschiedene Gruppen nach Alter und „Leistungsstand“ angeboten.

Anti-Rassismustraining

Das Training in der BoxerSchmiede© kann auch hervorragend als Deeskalationstraining gegen Rassismus-Eskalation für junge Menschen angeboten werden. Hierzu werden spezielle Kleingruppen zusammengestellt.